Gemäß der Definition von Warren Buffett sind Value-Aktien Aktien, deren tatsächlicher Wert zumindest ausreicht, um den momentanen Aktienkurs an der Börse zu rechtfertigen. Ein Value Investor berücksichtigt sowohl quantitative als auch qualitative Faktoren, um den Wert einer Aktie (also eines Geschäfts) zu bestimmen.
Liegt der Marktpreis der Aktien unter dem vom Anleger kalkulierten Wert des Unternehmens, gilt die Aktie als unterbewertet beziehungsweise als Value-Aktie. Dabei sollte man berücksichtigen, dass der Marktpreis der Aktien eines Unternehmens an der Börse auf Grundlage der von den Anlegern gebotenen Aktienkurse festgelegt wird.
Der Innere Wert des Unternehmens ist jedoch eine subjektive Bewertung, die auf verschiedenen wirtschaftlichen Daten des zugrundeliegenden Geschäfts basiert. Diese können auf dem vom Unternehmen bilanzierten Vermögen und auch auf den Zukunftsaussichten des Unternehmens im Markt basieren.
Unterschiedliche Anleger würden dasselbe Geschäft aufgrund ihres Verständnisses der Geschäftsgrundlagen sowie ihres Anlagehorizonts unterschiedlich bewerten. Infolgedessen unterscheidet sich die sogenannte intrinsische Bewertung eines Unternehmens von Investor zu Investor.
Was wird gewöhnlich als Value-Aktie betrachtet?
Bestimmte Finanzkennzahlen werden normalerweise verwendet, um festzustellen, ob eine bestimmte Aktie zu einer attraktiven Bewertung gehandelt wird. Diese Verhältnisse umfassen zum Beispiel das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) oder die Gewinnrendite (reziprokes KGV, berechnet als Gewinn je Aktie : Aktienkurs)
Der Aktienkurs eines Unternehmens an sich ist kein Indikator für den Wert, aber im Vergleich zu realen geschäftlichen Grundlagen wie dem Umsatz oder dem Gewinn kann der aktuelle Marktpreis einen guten Eindruck von der potenziellen Rendite vermitteln, die mit den Aktien des Unternehmens in Zukunft zu erwarten sind.
Value-Aktien vs. Growth-Aktien
Die Kennzahlenanalyse unterscheidet sich auch branchenübergreifend und kann je nach Alter und Wachstum des Unternehmens angepasst werden. Beispielsweise kann eine kapitalintensive Schwerindustrie, die erhebliche Sachinvestitionen erfordert, unter Verwendung eines Verhältnisses, das auf dem Buchwert der Aktien oder dem investierten Kapital basiert, unter Umständen besser bewertet werden, als über das Kurs-Gewinn-Verhältnis.
Andererseits können Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche wie beispielsweise die Informationstechnologie einen sehr geringen Kapitalbedarf aufweisen. Ihre Bewertung kann daher Faktoren wie die Wachstumsrate, das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder das Kurs-Umsatz-Verhältnis umfassen.
Für solche Growth-Aktien sind Anleger möglicherweise auch bereit, ein höheres Vielfaches der Gewinne des Unternehmens zu bezahlen. Auch kann auf diese Aktien ein Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis (PEG-Ratio) angewendet werden, um das Kurs-Gewinn-Verhältnis zu skalieren und dem höheren zukünftigen Wachstum Rechnung zu tragen.
Value-Aktien über diskontierte Cashflows finden
Eine andere etwas klassischere Methode zum Finden von Value-Aktien ist das Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF). Im Wesentlichen wird mit dem DCF-Modell versucht, den Gegenwartswert der freien Barmittel zu bestimmen, die das Unternehmen in Zukunft für seine Aktionäre aller Voraussicht nach generieren wird. Wie man sich leicht vorstellen kann, liegt dabei die Schwierigkeit in der Tatsache, dass die Prognose der zukünftigen Cashflows sehr ungenau sein kann.
Der Diskontierungssatz muss auch eine implizite Beurteilung des mit der betrachteten Aktienanlage verbundenen Risikos enthalten, das unsicher sein und sich im Laufe der Lebenszeit des Unternehmens auch ändern kann. Das Discounted-Cashflow-Verfahren eignet sich aber immer wenn es möglich ist, einen einigermaßen stabilen Geldstrom, wie zum Beipsiel bei einem Dividendenaristokrat, dem einer Anleihe gleichzusetzen.
Beispiele für Value-Aktien
Da Aktienkurse ständig schwanken, ist eine Value-Aktie von gestern heute möglicherweise keine Value-Aktie mehr. Daher ist es schwierig ein Echtzeit-Beispiel für eine Value-Aktie anzugeben. Man kann jedoch einige der Aktien aus der Historie heraus betrachten und sehen, warum sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit Value-Aktien waren.
Beispielsweise war die Washington Post eine Value-Aktie, als Warren Buffett sie 1973 für seine Investmentholding Berkshire Hathaway kaufte.
Beim Kauf der Aktie lag der geschätzte Wert des Unternehmens bei rund 400 Millionen US-Dollar. Zu diesem Zeitpunkt war der Aktienkurs jedoch so niedrig, dass das gesamte Unternehmen an der Börse für nur 80 Millionen US-Dollar zum Verkauf stand. Somit zahlte Warren Buffett nur 25 Cent auf den Dollar, um die Aktie zu kaufen.
Wachstum ist ein Teil von Value
Es gibt auch Fälle, in denen eine als Wachstumsaktie bezeichnete Aktie gleichzeitig sowohl eine Growth-Aktie als auch eine Value-Aktie sein kann. Insofern begehen Investoren einen Fehler, wenn sie sich nur auf Begrifflichkeiten konzentrieren. Stattdessen sollten sie den aktuellen Aktienkurs mit dem Inneren Wert des Unternehmens vergleichen und nur solche Aktien kaufen, bei denen die Bewertungen dies rechtfertigen. Das Bezahlung für potenzielles künftigen Wachstums kann zu Enttäuschungen führen.
An der Börse ist es allerdings häufig sexy in Wachstumsaktien zu investieren. Selbst die besten Investoren werden mitgerissen, wenn die Euphorie am Aktienmarkt überhand nimmt. Sogenannte Wachstumsinvestitionen erfordern jedoch völlig andere Fähigkeiten und Temperamente. Das Timing des Marktes wird zu einem wichtigen Teil des Investitionsprozesses, da das Wachstum häufig nachlässt. Oftmals ohne Vorwarnung!
Mit anderen Worten: Die Zukunft ist ungewiss. Value-Aktien hingegen sind in der Regel schwerer zu finden, aber die künftigen Ergebnisse sind mehr oder weniger genau prognostizierbar.
Warum muss man Aktien bewerten?
Auf lange Sicht nähert sich der Kurs einer Aktie dem Inneren Wert der Aktie an. Kurzfristig kann es jedoch vorkommen, das der Preis der Aktie und ihr Wert voneinander abweichen. Dies kann verschiedene Gründe haben. Ein Value Investor erwartet, dass der Markt die Fehlbewertung irgendwann erkennt und korrigiert, wodurch die Divergenz beseitigt wird.
Daher wird bei Bestimmung des Wertes einer Aktie ein grober Preismaßstab festgelegt, anhand dem der Anleger feststellen kann, ob eine Aktie ein attraktiver Kauf ist oder ob sie teuer ist und verkauft werden sollte. Ohne diesen Referenzwert ist es nahezu unmöglich, eine Strategie wie „niedrig kaufen, hoch verkaufen“ umzusetzen.
Wie eingangs erwähnt, unterscheidet sich die Schätzung für den Inneren Wert von Investor zu Investor. Daher verfügen erfolgreiche Anleger in der Regel über langjährige Erfahrung in der Bewertung von Value-Aktien, auf die sie sich konzentrieren.
Schlussbemerkungen
Beim Investieren in Aktien sollten man in Werte investieren. Aktienkurse sind kurzfristig volatil. Valueanleger versuchen sich daher über den Lärm der Wall Street zu erheben und sich auf das zu konzentrieren, was am wichtigsten ist. Gewinne, Gewinne und nochmals Gewinne! Wenn dies Ihrer Natur entspricht, werden Sie die Vorhersehbarkeit und damit Sicherheit von Value-Aktien mögen.
Die Aktien mit dem besten Wert auf dem Markt variieren im Laufe der Zeit. Die Zahl der am Markt verfügbaren Value-Aktien hängt von der aktuellen Phase im Konjunkturzyklus ab. Wenn die Wirtschaft boomt, sind klassische Value-Aktien in der Regel schwer zu bekommen. Dagegen gibt es eine Fülle günstiger Aktien wenn sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet, da die Aktienkurse der Unternehmen dann fallen.