Wallace Weitz ist Präsident von Wallace R. Weitz & Company und neben Warren Buffett auch als zweites Orakel von Omaha bekannt. In einem aktuellen Kommentar erklärt er die momentane Kreditkrise, die nach seiner Einschätzung ein ernst zunehmendes Problem darstellt, auf das die Märkte ängstlich reagieren.
Valueinvesting.de, 25. August 2007
Wallace R. Weitz & Company managed insgesamt acht verschiedene Investmentfonds. Vier davon werden von Wallace Weitz selbst geführt. Im 12-Monats-Zeitraum per 30. Juni 2007 wiesen alle dieser vier Fonds eine Rendite von über 20% auf. Innerhalb der vergangenen 20 Jahre erzielten die von Weitz gemanagten Fonds gegenüber dem Aktienindex S&P 500 eine jährliche Outperformance von mehr als 3%. Wallace R. Weitz & Company verwaltet insgesamt 6 Milliarden Dollar an Kundengeldern.
Weitz Investmentphilosophie weist viele Gemeinsamkeiten mit der von Warren Buffett auf. Beide versuchen Aktien mit einem erheblichen Discount zum wirtschaftlichen Wert des zugrundeliegenden Unternehmens zu kaufen, in der Hoffnung, dass der Unternehmenswert über die Zeit ansteigt und der Aktienkurs folgt. Außerdem versucht Wallace Weitz innerhalb seines persönlichen Kompetenzbereichs zu investieren.
Dies ist sein kürzlicher Kommentar zur gegenwärtigen Kreditkrise, die vom sogenannten Subprime-Markt – damit sind US-Hypotheken für Schuldner mit schlechter Bonität gemeint – ausging:
Dabei geht Wallace Weitz zu den späten 1990er Jahren in die Zeit der Technologieblase zurück. Damals glaubte man, dass das Internet die Art der Kommunikation und der Geschäfte vollständig verändere. Als Folge bezahlten Investoren lächerlich hohe Preise für „dot.com“ Unternehmen mit wenig Substanz. Nachdem die Blase platzte, verlor der S&P 500 von seinem Höchststand 49%. Der Technologieindex Nasdaq büßte sogar 70% seines Wertes ein.
In den letzten Jahren erzeugten Unternehmen, Individuen sowie über das amerikanische Handelsbilanzdefizit zurückgeführte Dollar (die zuvor im Ausland für Öl und Waren ausgegeben wurden) zu einem Überschuss an Kapital. Dieser Kapitalüberschuss führte zu einer enormen Nachfrage nach Einkommen produzierenden Vermögenswerten wie Darlehen, Anleihen, Immobilien u.a.
Daraufhin wurden an der Wall Street eifrig neue Hypothekenprodukte für Immobilienkäufer kreiert und darüber hinaus ein Boom für fremdkapitalfinanzierte Unternehmensübernahmen (leveraged buy-outs) gefördert. Nachdem die Kreditgeber Wege fanden, die von ihnen vergebenen Darlehen zu verkaufen, begann sich die Kreditqualität zu verschlechtern.
Im 1. Quartal 2007 kamen mehrere Dutzend Händler von Subprime-Hypotheken in Bedrängnis, nachdem die von ihnen hervorgebrachten und verkauften Darlehen eine so schlechte Qualität aufwiesen, dass die Käufer sie zurückgaben. Die Händler waren finanziell aber nicht in der Lage diese Darlehen zurückzukaufen und meldeten Konkurs an oder versuchten ihre Firmen an andere Leute mit tieferen Taschen zu veräußern.
Was danach passierte, erfordert vorab einige Erklärungen. Verbriefte Hypotheken wurden bereits vor Jahren erfunden und waren ursprünglich eine gute Idee. Dabei wurden verschiedene Hypotheken in einer Investmentgesellschaft gebündelt. Mit dem Versprechen der Investmentgesellschaft, das die Zinszahlungen der Hypotheken geleistet werden, wurden diese an Investoren verkauft. Dadurch wurde Kapital freigesetzt, um mehr Hypothekendarlehen zu gewähren und den amerikanischen Traum vom eigenen Heim voranzubringen.
Die verbrieften Hypotheken führten aber auch für an der Wall Street tätige Unternehmen zu Gebühreneinnahmen und diese werden immer besonders kreativ, sobald Provisionen und Gebühren im Spiel sind. Dadurch wurden Hypothekendarlehen sehr schnell für weniger kreditwürdige Schuldner als „Subprime-Hypotheken“ verfügbar gemacht.
Diese Subprime-Hypotheken wiesen höhere Zinsen auf, die wiederum als verbriefte Geldforderungen in neue Hypothekendarlehen investiert werden konnten. Anschließend wurden diese Hypotheken in neuen Investmentgesellschaften gebündelt und erneut verbrieft. Dies schaffte weitere besicherte Darlehen und Gebühren. Zudem entfernte sich das Kreditrisiko immer weiter von dem ursprünglichen Darlehensgeber.
Im 2. Quartal 2007 sorgten zwei von der US-Investmentbank Bear Stearns begünstigte Hedgefonds, die unter Aufnahme erheblicher Summen Fremdkapital in Subprime-Hypotheken investiert hatten, für Schlagzeilen. Um seine Rendite zu steigern, borgte sich einer dieser Hedgefonds 9 Dollar Fremd- je 1 Dollar Eigenkapital.
Da die Bewertung von Subprime-Hypotheken aufgrund ihrer individuellen Zusammensetzung sehr schwierig ist, gerieten die ersten Investoren in Panik, nachdem die Kreditwürdigkeit von Subprime-Darlehen in Frage gestellt wurde. Daraufhin versuchte Bear Stearns einige Wertpapiere ihres Subprime-Portfolios zu verkaufen. Aufgrund des geringen Erfolges entschied sich Bear Stearns dann für die Neubewertung des Fondsvermögens. Daraufhin kam Bear Stearns zu dem Ergebnis, dass die Investoren des konservativeren Fonds 91% ihres Geldes verlieren, während die Investoren des zweiten Fonds einen Totalverlust zu tragen haben.
Nach der Einschätzung von Wallace Weitz sind die Verluste der Hedgefonds Kunden zwar bedauerlich, bedrohlicher findet er aber die Frage, ob die hunderte von Milliarden Dollar, die in verbrieften Hypotheken gebunden sind (oftmals in gehebelten Vehikeln), ähnlich fehlerhaft bepreist sind. Eine Antwort darauf wird von Weitz nicht gegeben.
Einer der Gründe, weshalb Investoren die ganzen verbrieften Hypotheken gekauft haben, ohne zu wissen, was sie für ihr Geld bekamen ist, dass diese Schuldverschreibungen von Moody’s und Standard and Poor’s geratet waren. Auf historischen Erfahrungen im Hypothekenmarkt basierend, waren zwischen 70 und 80% der durch Subprime-Hypotheken besicherten Schuldscheine für Investitionen empfohlene Wertpapiere. Die Mehrzahl davon erhielt ein AAA-Rating, die höchste Einstufung, durch die eine sehr geringe Verlustwahrscheinlichkeit signalisiert wird.
Unglücklicherweise wurden die historische Daten in dem Moment irrelevant, in dem sich die Vergabepraxis von Hypothekendarlehen gründlich verändert hatte.
Nach den Geschehnissen bei Bear Stearns nahmen die Ratingagenturen Moody’s und Standard and Poor’s eine Fülle von Abstufungen im Markt für Subprime-Hypotheken vor. Diese Abstufungen sorgten für zusätzlichen Verkaufsdruck, da aufgrund ihrer eigenen Satzungen Investoren zum Verkaufen gezwungen sind, sobald die Ratings ihrer Wertpapiere unter ein bestimmtes Niveau fallen. Und das unabhängig des erzielten Verkaufspreises.
Nach der Aussage von Wallace Weitz ist es schwierig vorherzusagen, wie tief die Preise für verbriefte Subprime-Hypotheken fallen können und wer als ultimativ letzter Eigentümer auf den Problem der Subprime-Hypotheken sitzen bleibt. Auch Wallace R. Weitz & Company ist in dem Hypothekenmarkt nahestehende Unternehmen investiert, wobei die Vergabe von Subprime-Darlehen bei diesen Gesellschaften nur einen kleinen Teil ihrer Geschäfte ausmacht.
Weitz bewertet diese Unternehmen allerdings als vorsichtige Kreditgeber mit langfristig angelegten Geschäften. Darüber hinaus verfügen sie über solide Bilanzen, um Verluste zu absorbieren und Liquiditätsprobleme zu vermeiden.