Bill Nygren über Private Equity

Der Begriff Private Equity ist zur Zeit allgegenwärtig. Auf Finanzseiten im Internet, im Wirtschaftsteil der Tageszeitung oder inmitten der Börsenberichterstattung des Fernsehens. Es gibt Stimmen, die Private Equity das gleiche Schicksal vorhersagen, das alle anderen Blasen der Finanzgeschichte ebenfalls ereilt hat.

Valueinvesting.de, 14. Juli 2007

Dagegen sagen andere, dass es sich bei Private Equity um einen noch jungen Trend handelt und wollen mehr Kapital in diesen Bereich investieren. Es existieren Meinungen, nach denen Private Equity Gesellschaften profitable Unternehmen vor den Augen der uninformierten Öffentlichkeit vom Markt nehmen, oder Private Equity für eine Inflation der Aktienmarktpreise verantwortlich sehen.

Worum handelt es sich bei Private Equity nun wirklich und woher kommt das plötzliche Anlegerinteresse? In seinem aktuellen Brief an die Anteilseigner der Oakmark Funds versucht Bill Nygren seine Sicht über Private Equity zu vermitteln und beschäftigt sich insbesondere mit den Auswirkungen auf seine Fonds.

Grundsätzlich definiert Nygren Private Equity als den Besitz von Unternehmensanteilen, die nicht öffentlich gehandelt werden. Charakteristischerweise wird der Begriff Private Equity heutzutage mit Kapital in Verbindung gebracht, das unter dem Einsatz von Verbindlichkeiten hochgradig gehebelt ist, um ein im öffentlichen Besitz befindliches Unternehmen zu kaufen.

Dieser Transaktionstyp geht bis in die 1960er Jahre zurück. Seine Blütezeit begann jedoch erst mit dem Entstehen eines sogenannten Junk Bond Marktes in den 1980er Jahren. Durch diesen wurden die Schwierigkeiten aufgelöst, die zuvor in der Bereitstellung der benötigten Kapitalmittel bestanden, um eine Gesellschaft in Privatbesitz zu übernehmen. In der Folge machte die Schaffung eines öffentlichen Marktes für Risikofinanzierungen die Kapitalbeschaffung einfacher.

Die Logik hinter solchen Transaktionen war die Überlegung, dass ein unternehmerischer Käufer den wirtschaftlichen Wert der übernommenen Gesellschaft deutlicher steigern kann, indem er unpopuläre Entscheidungen wie die Verkleinerung oder gar den Verkauf bestimmter Unternehmensbereiche durchsetzt. Das Fremdkapital für solche Transaktionen war gewöhnlich teuer und lag häufig bis zu sechs Prozentpunkte über den aktuellen Zinssätzen für Staatsanleihen.

Aufgrund der Vielzahl günstiger Unternehmen, war diese Vorgehensweise damals ihre Kosten wert und die Rendite auf fremdkapitalfinanzierte Übernahmen entsprechend hoch.

Wie gewöhnlich, hat sich der Markt auf diese Rahmenbedingungen eingestellt. Unter den Private Equity Gesellschaften nahm der Wettbewerb zu und Anleihebesitzer begannen, höhere Renditen zu fordern. Darüber hinaus begannen die Unternehmensführer mit der Maximierung des Shareholder Value, sodass die günstigen Gelegenheiten zur Übernahme ganzer Firmen insgesamt geringer wurden. Im Laufe der nächsten 20 Jahre verschwand Private Equity erst einmal in den Hintergrund.

Seit einiger Zeit haben sich diese Rahmenbedingungen wieder verändert, nachdem sich die Spanne zwischen der Rendite auf Staats- und sogenannten Hochzinsanleihen auf einem Rekordtief befindet. Der von den Anleihebesitzern geforderte Risikoaufschlag gegenüber Staatsanleihen liegt derzeit bei nicht mehr als 3%. Das ist lediglich die Hälfte der historisch üblichen Größenordnung. Nachdem Anleihebesitzer bereit waren, für derartig kleine Renditevorsprünge größere Risiken einzugehen, wurden die fremdkapitalfinanzierten Übernahmen wieder attraktiver.

Nach Aussage von Nygren ist es eine Tatsache, dass für Private Equity Firmen die Kapitalkosten nach Steuern im Moment geringer ausfallen, als dies für viele schuldenfreie Unternehmen der Fall ist. Die Ursache ist, dass eine hochgradig fremdkapitalfinanzierte private Gesellschaft hohe Steuervorteile genießt, da die Zinszahlungen auf Fremdkapital gewinnmindernd abzugsfähig sind.

Nach Einschätzung von Nygren existiert zur Zeit bei Stiftungen und Stiftungsfonds sowie bei Pensionskassen eine starke Neigung, ihr Engagement in alternativen Investments zu steigern. Dies führt dazu, dass bei illiquiden privaten Anlagemöglichkeiten eine größere Nachfrage besteht, als nach handelbaren und damit liquiden Investments. Hierin sieht Bill Nygren eine krasse Fehlentwicklung.

Nygren sagt, dass Oakmark Funds gegenwärtig Aktien von hervorragenden börsennotierten Unternehmen zu niedrigeren Preisen kaufen kann, als Private Equity Firmen für mittelmäßige Unternehmen derzeit bezahlen. Gleichwohl entwickelt sich die Anlegernachfrage nach traditionellen Aktieninvestments rückläufig, während die Nachfrage nach Private Equity weiterhin stark steigt. Nygren sieht darin eine Anomalie, die aller Wahrscheinlichkeit nach ins Gegenteil umschlagen wird.

Nygren schlußfolgert weiter, dass sich Private Equity in den vergangenen Jahren positiv auf die Richtung des Aktienmarkts ausgewirkt hat, wobei Aktien von mittelkapitalisierten Gesellschaften (Mid-Caps) noch stärker als die Aktien von großkapitalisierten Unternehmen (Large-Caps) profitiert haben. Sobald sich der Private Equity Sektor verlangsamt, was nach Aussage von Bill Nygren unweigerlich geschieht, werden Large-Cap Aktien davon weniger beeinträchtigt, als Mid-Caps.

Diese Einschätzung spiegelt sich auch im aktuellen Portfolio des Oakmark Fund wider. Zu den 10 größten Positionen, die insgesamt Einviertel der investierten Kapitalmittel in Höhe von 5,8 Mrd. Dollar ausmachen, gehören McDonald’s, Washington Mutual, Yum! Brands, Time Warner, Baxter International, Kohl’s Corporation, Abbott Laboratories, Viacom (Klasse B Aktien), und Texas Instruments.