Mit Buffett-Indikator wird das Verhältnis der gesamten Aktienmarktkapitalisierung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezeichnet. Der Indikator wurde von Warren Buffett erstmals im FORTUNE Magazine im Jahr 2001 erwähnt, in dem Buffett das Verhältnis von Aktienmarktkapitalisierung zu Wirtschaftsleistung als „das wahrscheinlich beste Einzelmaß für die Bewertung des Aktienmarktes“ bezeichnete.
Aktueller Buffett-Indikator (Gesamtmarktkapitalisierung zu US-BIP), Quelle: fred.stlouisfed.org
Berechnung des Buffett-Indikators
Gesamtmarktkapitalisierung
Das gebräuchlichste Maß für den Gesamtwert des US-Aktienmarktes ist der breit gefasste Aktienindex Wilshire 5000, der bereits im Jahr 1971 aufgelegt wurde.
Der Wilshire 500 Index wurde so angelegt, dass ein Anstieg des Index um 1 Punkt einem Anstieg der US-Marktkapitalisierung um 1 Milliarde US-Dollar entspricht. Laut Wilshire hat sich das ursprüngliche Verhältnis von 1:1 im Dezember 2013 verschoben, sodass heute ein Anstieg des Index um einen Punkt einem Anstieg der Marktkapitalisierung von 1,15 Milliarden US-Dollar entspricht.
Aktuelle US-Gesamtmarktkapitalisierung (Wilshire 5000 Index), Quelle: fred.stlouisfed.org
Bruttoinlandsprodukt
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) repräsentiert die Gesamtproduktion der US-Wirtschaft. Diese wird vom „Bureau of Economic Analysis“ der US-Regierung vierteljährlich gemessen. Das BIP ist ein statisches Maß für die Wirtschaftstätigkeit der Vergangenheit. Es prognostiziert weder die Zukunft noch beinhaltet es Erwartungen oder Bewertungen der zukünftigen Wirtschaftstätigkeit oder des Wirtschaftswachstums.
Aktuelles Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten, Quelle: fred.stlouisfed.org
Interpretation des Buffett-Indikators
Der Buffett-Indikator vergleicht den aggregierten aktuellen Marktwert aller börsennotierten Aktiengesellschaften mit dem Wert der Gesamtproduktion. Das Ergebnis dieser Berechnung ist ein Prozentsatz des BIP, der den Börsenwert darstellt. Die Messzahl ist damit ähnlich zu verstehen, wie das Kurs-Umsatz-Verhältnis eines einzelnen Unternehmens.
Typischerweise wird ein Ergebnis von mehr als 100% als überbewertet bezeichnet, während ein Wert von rund 50% für den US-Markt eine Unterbewertung anzeigt. Zwischen 50% und 75%, kann der Aktienmarkt als leicht unterbewertet bezeichnet werden. Außerdem kann der Markt fair bewertet sein, wenn das Verhältnis zwischen 75% und 90% liegt und leicht überbewertet, wenn es zwischen 90% und 115% liegt.
Beispielsweise lag der Buffett-Indikator nach dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 bei einem Wert von 65% und auf dem Tiefpunkt der globalen Finanzkrise 2007-2008 bei einem Wert von 57%.
In den letzten Jahren wurde jedoch heftig darüber diskutiert, welche Prozentsätze für die Darstellung von Unter- und Überbewertung zutreffend sind, da sich der Indikator über einen langen Zeitraum hinweg tendenziell nach oben bewegt hat. Der Grund dafür ist natürlich die Entwicklung des Zinsniveaus. Warren Buffett erklärte den Zusammenhang zwischen der Aktienmarkt-Bewertung und der Höhe der Zinsen wie folgt:
„Das Zinsniveau spielt bei finanziellen Bewertungen die gleiche Rolle wie die Schwerkraft. Je höher die Zinssätze sind, desto größer ist ihre Anziehungskraft nach unten. Dies verhält sich so, weil die Rendite, die ein Anleger aus einem Investment benötigt, in direktem Zusammenhang mit dem sogenannten risikofreien Zins verbunden ist, den er aus Staatsanleihen erzielen kann.
Wenn also die Zinssätze von Staatsanleihen steigen, muss sich der Preis aller anderen Anlageklassen nach unten angleichen, bis auf ein Niveau, auf dem sich die zu erwartenden Anlagerenditen wieder annähern.
Wenn umgekehrt das Zinsniveau von Staatsanleihen fällt, führt dies bei allen anderen Investments zu einem Ansteigen der Preise. Der Punkt ist, dass der Betrag, den ein Investor heute für einen Dollar – den er morgen erhält – zu zahlen bereit ist, nur festzulegen ist, indem man zuerst den risikofreien Zinssatz vergleicht.“
Prognose der zukünftigen Anlagerendite
Was kann der Buffett-Indikator über die zukünftig zu erwartende Rendite des Aktienmarktes sagen? Für den Anleger ist dies die wahrscheinlich relevanteste aller Fragen.
Grundsätzlich wird die Rendite einer Investition sowohl bei einzelnen Aktien als auch für den gesamten Aktienmarkt über das Gewinnwachstum, die Dividenden sowie Bewertungsänderungen bestimmt.
Gewinnwachstum
Der Wert einer Aktie wird über den Gewinn je Aktie bestimmt. Der Wertzuwachs der Aktie ergibt sich aus dem Wachstum des Gewinns je Aktie. Dieses Gewinnwachstum spiegelt sich als Steigerung des Aktienkurses wider, sobald der Aktienmarkt den Wert erkennt.
Betrachtet man die Gesamtwirtschaft, so ergibt sich der Wertzuwachs des gesamten Aktienmarktes aus dem Wachstum der Unternehmensgewinne. Dabei wachsen die Unternehmensgewinne auf lange Sicht so schnell wie die Wirtschaft selbst.
Dividenden
Ausgeschüttete Dividenden sind die zweite Komponente der Anlagerendite. Da die Dividende aus dem Gewinn eines Unternehmens bezahlt wird, führt eine höhere Ausschüttungsquote – bei ansonsten gleichen Bedingungen – zu einer geringeren Wachstumsrate.
Wenn also ein Unternehmen Dividenden ausschüttet, während die Gewinne weiter wachsen, stellt die Dividende – neben der Steigerung des Unternehmenswertes – eine zusätzliche Rendite für die Aktionäre dar.
Bewertungsänderungen
Obwohl sich der Wert eines Unternehmens nur langsam ändert, unterliegt der Aktienkurs größeren Schwankungen. Die Bewertung eines Unternehmens (einer Aktie) wird gewöhnlich anhand bekannter Kennzahlen wie dem KGV oder dem Kurs-Buchwert-Verhältnis gemessen. Diese Kennzahlen können sowohl auf einzelne Unternehmen als auch auf den gesamten Aktienmarkt angewendet werden.
Die Kennziffer, die der Buffett-Indikator für die Marktbewertung verwendet (Marktkapitalisierung : Bruttoinlandsprodukt), entspricht dem Kurs-Umsatz-Verhältnis einer Aktie oder eines Unternehmens. In diesem Fall ist der Kurs die gesamte Marktkapitalisierung aller gehandelten Aktien und der Umsatz ist das gesamte Bruttosozialprodukt des Landes.
Berechnung
Fasst man alle drei Komponenten zusammen, kann die zu erwartende Rendite einer Investition nach folgender Formel geschätzt werden:
Anlagerendite = Dividendenrendite + Geschäftswachstum + Bewertungsänderung in Prozent
Die ersten beiden Punkte der Gleichung sind einfach zu bestimmen. Die dritte Position kann berechnet werden, wenn der aktuelle Wert des Buffett-Indikators zusammen mit einem zukünftig angenommenen Verhältnis des Indikators betrachtet wird. Dadurch lässt sich die Änderung der Bewertung wie folgt berechnen:
(zukünftiger Wert Buffett-Indikator / aktueller Wert Buffett-Indikator) (1/t) -1
Die Anlagerendite ist somit gleich:
Anlagerendite = Dividendenrendite + Geschäftswachstum +(zukünftiger Wert Buffett-Indikator / aktueller Wert Buffett-Indikator) (1/t) -1
Aus o.g. Gleichung kann nach dem Verfahren von John Hussman die wahrscheinliche Anlagerendite für den gesamten Aktienmarkt berechnet werden.
Die Value Investing Plattform GuruFocus.com verwendet für den zukünftigen Wert des Buffett-Indikators einen Zeitraum (t) von 8 Jahren, was in etwa der Länge eines vollständigen Wirtschaftszyklus entspricht.
Verweise
- Buffett-Indikator für den deutschen Aktienmarkt (GuruFocus)