In diesem Artikel geht es um die Anlagephilosophie von Einkommensinvestoren, die sich durch die Investition in Hochdividendenwerte ihr eigenes Wachstum schaffen, indem sie den Dividendenstrom ihres Aktienportfolios reinvestieren und damit verstärken. Um diese Strategie besser zu verstehen, vorab einige Worte zu der dahinterstehenden Mathematik.
Anleger können davon ausgehen, dass sich der Aktienmarkt langfristig betrachtet etwa alle zehn Jahre verdoppelt, was einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 7% entspricht. Diese 7% setzen sich aus 2-3% realem Gewinnwachstum und 4-5% Inflation zusammen. Zuzüglich 2% Dividendenrendite, ergibt sich eine Gesamtanlagerendite von um die 9%.
Einkommensinvestoren, die in ihren Portfolios auch in Hochdividendenwerte investieren, suchen nach Aktien, deren Dividendenausschüttungen alleine eine Rendite von 8-10% per anno mit sich bringt, die reinvestiert und wiederum verzinst eine dem Aktienmarkt vergleichbare Anlagerendite entspricht, ohne dabei auf Kapitalgewinne ihrer Wertpapiere angewiesen zu sein.
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Dividendenzahlungen im Gegensatz zu nicht realisierten Kapitalgewinnen steuerpflichtig sind, die vermögensbildende Kraft des Zinseszins also mit jeder Ausschüttung unterbrochen wird. Über das Investieren in Hochdividendenwerte werden Anleger aller Voraussicht nach also nicht die Rendite des Aktienmarktes übertreffen.
Vielmehr geht es Einkommensinvestoren um die Erzielung eines konstanten Bargeldflusses, der reinvestiert in neue Wertpapiere in der Zukunft zusätzliche Einnahmen generiert. Führt man diesen Prozess regelmäßig fort, wächst der Geldfluss kontinuierlich. Somit steigt der Portfoliowert unabhängig von der Wachstumsrate der einzelnen Wertpapiere.
Einkommensinvestoren vs. klassischer Aktienanleger
Die Rendite des klassischen Aktienanlegers besteht aus zwei Komponenten: Kapitalgewinne der gehaltenen Wertpapiere zuzüglich gezahlte Dividenden beziehungsweise Ausschüttungen. Die Summe entspricht der eingangs erwähnten Gesamtanlagerendite von etwa 9%.
In den vergangenen fünf Jahren lag die durchschnittliche Dividendenrendite im amerikanischen Standard & Poor´s 500 Aktienindex bei ungefähr 2%. Somit vertrauen Anleger in Indexfonds darauf, die Differenz zu der angestrebten Zielrendite von 9% durch Kapitalgewinne, die wiederum auf dem nominalen Gewinnwachstum der Unternehmen beruhen, zu schließen.
Anleger mit einem gut diversifizierten Portfolio in Einzelaktien werden wahrscheinlich in Aktien von Wachstumsunternehmen investieren, die vielleicht 1-2% Dividende zahlen, sowie in traditionelle Blue Chip Unternehmen mit einer Dividendenrendite von 3-5%. Jedoch muss die Lücke zum Renditeziel von 9% in beiden Fällen durch Kapitalgewinne geschlossen werden.
Dagegen machen sich reine Einkommensinvestoren um diese „Wachstumslücke“ keine Gedanken. Sie investieren in Hochdividendenwerte mit einer Ausschüttung von 8-10% und erreichen ihre Gesamtanlagerendite durch die Reinvestition und erneute Verzinsung des Bargeldflusses, ohne dass ein zusätzliches Gewinnwachstum der Unternehmen erforderlich ist.
Das Anlageziel von Einkommensinvestoren besteht also darin, eine Einkommensquelle zu erschaffen, die einen ständig wachsenden Strom an Bargeld produziert.
Vorteile des Investierens in Hochdividendenwerte
In einer von J. P. Morgan vor einigen Jahren durchgeführten Studie wurde aufgezeigt, dass der durchschnittliche Anleger in einem 20-Jahres-Zeitraum von 1999 bis 2018 lediglich eine annualisierte Rendite von 1,9% erzielte, während der S&P 500 im gleichen Zeitabschnitt eine durchschnittliche jährliche Rendite von 5,6% erwirtschaftete.
Quelle: J. P. Morgan Asset Management
Die Ursache dafür ist, dass viele Anleger nicht zusehen können, wie der Wert ihres Portfolios in einem Marktabschwung oder Bärenmarkt kontinuierlich fällt und damit ihre Dividendenerträge aufzehrt. Die Folge ist, dass sie zum falschen Zeitpunkt aus dem Markt aussteigen und später wiederum zu einer falschen Zeit erneut in den Markt einsteigen.
Eine Einkommensstrategie, die unter anderem auf das Investieren in Hochdividendenwerte abzielt, macht es Anlegern leichter, im Aktienmarkt investiert zu bleiben und nicht dem Drang nachzugeben, vorübergehende Buchverluste in dauerhafte echte Verluste umzuwandeln.
Tatsächlich steigt der Dividendenstrom eines Einkommensinvestors sogar schneller, wenn der Aktienmarkt fällt, da sein Bargeldfluss bei sinkenden Aktienkursen mehr Aktien zu gleichzeitig höheren Renditen kauft, als dies bei steigenden Preisen möglich wäre.
Die zusätzliche Rendite von einigen wenigen Prozentpunkten erhöht in abwärts gerichteten Märkten das reale Einkommen des Anlegers deutlich. Dies gibt ihm ein Gefühl der Kontrolle und unterstützt psychologisch betrachtet das Durchhalten in Bärenmärkten, aber auch in länger anhaltenden seitwärts gerichteten Märkten, die historisch betrachtet immer wieder vorkommen.
Schlussgedanken
Einkommensinvestoren konzentrieren sich eher auf die Generierung eines regelmäßigen und steigenden Bargeldstroms aus ihren Investitionen, als auf die Erzielung von Kapitalgewinnen.
Damit ihr Einkommen aber auch in einer zukünftig eintretenden Entnahmephase mit der Inflation mithält, ist es wichtig, verschiedene Anlagekategorien wie Wachstumsaktien, Blue Chip Aktien oder Hochdividendenwerte miteinander auszubalancieren.
Hierfür gibt es jedoch keine festgelegten Vorgaben. Die Kombination der genannten Anlageinstrumente obliegt dem einzelnen Anleger anhand seines Alters, seiner Anlageziele und seiner persönlichen Risikotoleranz.
Hallo Mario,
schön auf den Punkt gebracht.
Die Unterscheidung der verschiedenen Anlegertypen ist meiner Meinung nach ein häufiger Grund, weshalb in Foren oft aneinander vorbei geredet (geschrieben) wird.
Auf jeden Fall kann ich mich in deinen Ausführungen wieder erkennen.
Was hältst Du persönlich derzeit von Walgreens mit seinen 7,8% Dividendenrendite. Im Rating wurden sie ja grade
herabgestuft.
Grüße
Bernd
Hallo Bernd,
es freut mich, wenn ich mich verständlich ausgedrückt habe. Ich nutze den Blog ja auch, um die Gedanken in meinem Kopf erst einmal für mich selbst zu sortieren. Und da ich dieses Jahr in einige BDCs investiert habe, war das Thema jetzt für einen Artikel reif.
Kurz zu Walgreens. Meiner Meinung nach hat das Unternehmen derzeit zu viele Baustellen. Die Hauptkomponente ist der bis dato gescheiterte Umbau von einem Einzelhändler hin zu einem Gesundheitskonzern, so wie CVS Health es vorgemacht hat. Das nicht vorankommen in dieser Frage war wohl auch der Grund für den Rücktritt des CEOs.
Was bleibt, wäre dann noch die Dividende. Hier habe ich aber Bedenken, ob sie in der aktuellen Höhe aufrechterhalten werden kann. Die Erhöhungen waren bereits in den letzten Jahren nur noch von symbolischer Natur, um den Status als Dividendenaristokrat nicht zu verlieren.
Also ich wäre bei Walgreens vorsichtig.
Schöne Grüße
Mario
Ich hatte in den letzten 3 Jahren immer mal wieder erwogen in WBA zu investieren. Die Dividendenrendite war verlockend, aber der stetige Abwärtstrend sprach auch dagegen. Der Kopf wollte, aber der Bauch war letztendlich immer dagegen. Dann wird es wohl auch erstmal so bleiben.
Bei BDCs habe ich in den letzten 2 Jahren auch investiert. FSK, CSWC und MFIC sind da meine Investments. Zusätzlich habe ich in den letzten Monaten auch Versorger wie Emera und Eversource gekauft bzw. aufgestockt. Veolia ist hier derzeit mein stärkstes Investment.
Wie schaut es da bei dir aus?
Schönen 3. Advent
Bernd
Hallo Bernd,
in FS KKR und Capital Southwest bin ich ebenfalls investiert. Dazu noch in Oaktree Specialty Lending sowie in geringerem Umfang in Ares Capital und den Goldman Sachs BDC.
Als Kunde habe ich bei den Versorgern E.ON im Depot, das spanische Pendant Red Eléctrica (zwischenzeitlich in Redeia umbenannt) und ebenfalls aus Spanien den Gasversorger Enagás, welcher in die Kategorie der Hochdividendenwerte passt.
Darf ich fragen, was aus Deiner Sicht für MidCap Financial gesprochen hat?
Schöne Grüße
Mario
Auf MidCap Financial bin ich über einen Artikel von Michael C. Kissig gekommen. Da ging es um die hohe Netto-Rendite von knapp 10%, gepaart mit der Unterbewertung.
Als Einkommensinvestor, der nicht mehr soviel Jahre bis zur Rente hat, ist für mich die Dividende ein wichtiger Faktor.