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Wann Warren Buffett eine Aktie verkaufen würde

Die Entscheidung, ob und wann eine Aktie verkauft werden soll, wirft einige Fragen auf. Soll man verkaufen, weil die Aktie gestiegen ist, um einen Gewinn zu realisieren? Oder ist es besser zu verkaufen, weil die Aktie gefallen ist, um den Verlust zu begrenzen und einen steuerlichen Verlustvortrag aufzubauen?

Glücklicherweise hat sich Warren Buffett zu diesem Thema bereits mehrfach geäußert. Die Entwicklung des Aktienkurses sollte demnach keinen Einfluss auf die Verkaufsentscheidung haben. Stattdessen nennt Buffett insgesamt drei praktische Situationen, in denen der Verkauf einer Aktie in Erwägung gezogen werden kann.

Wenn sich eine bessere Gelegenheit bietet

Innerhalb der ersten 20 Jahre des Investierens beruhten Warren Buffetts Verkaufsentscheidungen fast immer darauf, dass er etwas anderes gefunden hat, das er unbedingt kaufen wollte.

Beispielsweise hat er in seinen frühen Jahren Aktien mit dem dreifachen ihrer ausgewiesenen Gewinne verkauft, um Aktien zu ihrem doppelten Gewinn zu kaufen. In diesem Zusammenhang weist Buffett auf eines seiner Lieblingsthemen hin: Opportunitätskosten.

Opportunitätskosten entstehen, da das in Unternehmen A investierte Geld nicht noch einmal in Unternehmen B investiert werden kann. Manchmal führte diese Situation für ihn zu schwierigen Entscheidungen.

Beispiel: Aktien der Commonwealth Bank

Ein Beispiel hierfür gibt Warren Buffett in einem Brief vom 11. Februar 1959 an die Anteilseigner der Buffett Partnership.

Im Jahr 1958 hatte Buffett seine Aktienbeteiligung an einer Bank namens Commonwealth Trust Co. of Union City veräußert, um in das Kartengeschäft von Sanborn Maps zu investieren. Also verkaufte er seine Commonwealth Beteiligung und erhielt 80 US-Dollar pro Aktie.

Warren Buffett erwähnte in seinem Brief, dass der Käufer der Commonwealth Aktie bei einem Kurs von 80 US-Dollar im Laufe der Jahre wahrscheinlich recht gut abschneiden wird, da Buffett den Inneren Wert der Aktie zum Zeitpunkt seines Verkaufs mit 135 US-Dollar angesetzt hatte.

Die relative Unterbewertung der Aktie von 55 US-Dollar (135 US-Dollar abzgl. 80 US-Dollar) war seiner Meinung nach jedoch nicht mehr ganz so attraktiv, wie bei seinem Kauf der Aktie zu 51 US-Dollar und einem damals veranschlagten Wert von 125 US-Dollar je Aktie.

Aus diesem Grund hat sich Warren Buffett dafür entschieden, das Kapital besser in die Aktien von Sanborn Maps zu investieren, die die Beteiligung an der Commonwealth Bank in seinem Portfolio ersetzt haben.

Die zweite Situation, in der Warren Buffett eine Aktie verkaufen würde, ist folgende.

Wenn sich die wirtschaftlichen Merkmale eines Unternehmens ändern

Zwar neigt Buffett nicht dazu, seine Beteiligungen vorschnell zu veräußern. Wenn sich jedoch die wirtschaftlichen Merkmale eines Unternehmens grundlegend verändern, zieht er einen Verkauf der Aktien in Erwägung.

Beispiel: US-Fluggesellschaften

Erst kürzlich im Jahr 2020 hat Warren Buffett seine Aktienpakete an den großen US-Fluggesellschaften Southwest Airlines, United Airlines und American Airlines verkauft, nachdem er festgestellt hatte, dass sich aufgrund der Corona-Krise „die Welt für die Fluggesellschaften verändert hat“.

Beispiel: The Washington Post

Im Jahr 2013 verkaufte Buffett mit der Washington Post eine seiner wichtigsten Investitionen aller Zeiten, nachdem er bereits seit einigen Jahren darüber gesprochen hatte, dass sich das Umfeld für Zeitungen verändert habe und dass die Washington Post nicht mehr annähernd die gleichen Wettbewerbsvorteile aufweist, die sie zur Zeit seines Kaufs im Jahr 1973 hatte.

Schließlich verkaufte er seine Washington Post Aktien für einen Betrag von 250 Millionen US-Dollar an den Amazon-Gründer Jeff Bezos. Buffetts Kaufpreis lag bei 10,6 Millionen US-Dollar. Damit lag die durchschnittliche Rendite der Washington Post Beteiligung bei 8,2% per anno zuzüglich Dividenden.

Beispiel: Tesco plc

Ein letztes Beispiel für Veränderungen an den wirtschaftlichen Merkmalen eines Unternehmens ist die britische Lebensmittelkette Tesco plc, in die Warren Buffett im Jahr 2006 investiert hatte.

Buffett äußerte sich zum Verkauf der Tesco Aktien nicht im Detail, offensichtlich hatte er aber ein Problem mit dem Management des Unternehmens. Das war der Grund, weshalb er seine Beteiligung im Jahr 2014 veräußert hat und dabei einen kleinen Verlust realisierte.

Der Investmentansatz von Warren Buffett ist seit jeher davon geprägt, dass er sowohl in der Buffett Partnership als auch bei Berkshire Hathaway seine Portfolios stark konzentriert hat. Wenn eine Beteiligung jedoch auf einen zu großen Anteil anwächst, würde er diese reduzieren.

Wenn eine einzelne Aktie im Portfolio zu groß wird

Die dritte Situation entspricht bekanntlich der uralten Regel, nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Allerdings handhabt Warren Buffett diesen Ratschlag nicht ganz so streng, wie ihn die meisten Leute verstehen.

Im Jahr 1964 hatte Buffett 40% der Kapitalmittel seiner Partnership in die Aktien von American Express investiert und verstieß damit gegen seinen eigenen Grundsatz, nicht mehr als 25% des Kapitals der Partnership in einem Investment zu binden.

Der Einstieg in American Express erfolgte, nachdem die Aktien aufgrund eines Skandals im Jahr 1963 von 65 US-Dollar auf 35 US-Dollar gefallen waren. Nachdem sich die Aktien von American Express verdreifachten, hat Warren Buffett verkauft.

Buffetts heutiger Ansatz

Bei der ersten Situation – dem Verkauf von Aktien, wenn sich eine bessere Gelegenheit bietet – handelt es sich um den klassischen Value Investing Ansatz von Benjamin Graham, der eine Aktie immer dann verkaufte, wenn diese ihren Inneren Wert erreicht hat.

Im Laufe der Zeit hat Warren Buffett diesen Ansatz jedoch weiterentwickelt und sucht heute primär nach Aktien von Unternehmen, die er idealerweise ein Leben lang behalten kann.

Das hat einerseits mit der erreichten Größe seiner Kapitalmittel zu tun, zum anderen aber auch steuerliche Gründe. Denn bei jedem Verkauf muss der Gewinn versteuert werden, sodass für Neuinvestitionen nicht mehr der volle Betrag zur Verfügung steht.

In Kategorie: Miscellaneous

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Veröffentlicht von

Guten Tag, mein Name ist Mario Wolff. Ich bin privater Investor und beschäftige mich seit mehr als 25 Jahren mit der Anlagephilosophie des Value Investing. Wenn Du magst, kannst Du meinem Blog auf X (ehem. Twitter) folgen oder den Feed abonnieren.

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